Vigilfeier mit Unwetter und Papst-Gottesdienst
21. August: Höhepunkt des Weltjugendtages
"Tag des Herrn"-Redakteurin Dorothee Wanzek beim Weltjugendtag 2011
Nach und nachtrudeln die Pilger der Magdeburger Gruppe wieder an unseremvereinbarten Treffpunkt ein, dem Sportzentrum, in dem wir währendder Tage in Madrid untergebracht waren. Auch wenn es amentgegengesetzten Ende der Stadt wie der Flugplatz Cuatro Vientos,auf dem wir die zurückliegenden anderthalb Tage verbracht haben,werden die Busse von hier starten, um den großen Weltjugendtagsstauzu meiden.
Aufregende undanstrengende Stunden liegen hinter uns. Bei schwülen 40 Grad sindwir gestern an unserem WJT-Territorium eingetroffen. Auf dem Wegdurch ein Wohngebiet freuten wir uns über Spanier, die aus oberenEtagen Wasser aus Eimern, Schüsseln und Schläuchen auf uns kippten.Unterwegs bemerkten wir bereits, dass die Rettungssanitäter dergroßen Zahl von kollabierenden Jugendlichen auf dem wüstenähnlichenGelände nicht Herr werden konnten. Als wir für eine Pilgerin auseiner Gruppe, die angesichts der großen Menschenmassen Panik befiel,Hilfe suchten, wurden wir mit dem Hinweis auf schwerere Fällevertröstet. Als wir an unserem Feld C5 eintrafen, verwehrten unsPolizisten und Helfer den Einlass. Das Terrain sei bereits überfüllt,wir sollten uns in weiter hinter liegenden Blocks Plätze suchen. Soschnell wollten wir uns mit dieser Information nicht abfinden.Nachdem wir ja schon einige Tage mit spanischerMeinungsänderungsfreude Bekanntschaft gemacht hatten, harrten wireinfach vor dem Block aus. Tatsächlich wurden nach einiger Zeiteinige weitere von uns eingelassen, riefen uns aber über dasAbsperrgitter zu, dass es sehr schwierig sei, noch Liegeplätze zufinden, auf denen man seine Isomatte ausbreiten könnte. Wirbeschlossen, uns aufzuteilen und in kleineren Gruppen Platz zusuchen. Immer wieder werden wir von anderen Pilgern, die sich bereitshäuslich niedergelassen haben, teilweise sogar mit Zelten,abgewiesen. Kein Platz, heißt es lapidar, wir warten hier schonlänger als ihr - auch wenn wir den Eindruck haben, dass man mitetwas gutem Willen noch gut ein bisschen zusammenrücken konnte.Schließlich finden wir an verschiedenen Orten Menschen, die Erbarmenmit uns haben oder die sich ob unserer Hartnäckigkeit geschlagengeben. Damit verlieren wir die anderen Magdeburger aus den Augen undwerden sie - hoffentlich alle - erst nachher bei der Abfahrt derBusse wiedersehen. Nachdem wir uns niedergelassen haben, Isomatte anIsomatte, um die Pilger, die uns eigentlich nicht mit aufnehmenwollten, nicht unnötig zu verärgern, ziehen Wolken am Himmel auf.Eine kleine Abordnung zieht los, um uns mit Trinkwasser undPilger-Lunchpaketen zu versorgen. Es dauert lange, bis siewiederkommen. Unterdessen werden die Wolken immer dunkler. Wirstellen uns auf Regen ein, ziehen die Müllbeutel, die wir alsUnterlage für die Matten gedacht hatten, hervor. Menschen, die aufder Altarinsel agieren, sieht man von uns aus als kleine Punkte. Aufweit entfernten Bildschirmen kann man das Geschehen einigermaßenverfolgen, wenn nicht gerade Transparente oder Fahnen davorgehaltenwerden. Kurz nachdem die Vigilfeier begonnen hat, fegen erste Böenüber uns hinweg. Etwas später folgen schwerere Böen, Blitz undDonner und ein längerer Regenguss. Es ist unmöglich, dass mehr alseine Million Pilger kurzfristig Unterschlupf finden. Deshalb hilftsich jeder, so gut er kann. Ich liege mit drei Jugendlichen flach aufdem Boden unter einem aufgerissenen Müllsack, den wir an den Seitenfesthalten und abwarten, bis das Schlimmste vorüber ist. Wir singenund beten, um eine der Jugendlichen zu beruhigen, die Gewitterangsthat. Die Vigilfeier ist unterdessen unterbrochen. Als wir unter derFolie hervorkriechen, sehen wir, dass der Sturm Aufbauten an einemEinlasspunkt in unserer Nähe umgekippt hat. Wie wir heute morgenhören, soll es Verletzte gegeben haben. Auch einige Feldkapellen, andenen heute die Kommunion ausgeteilt werden sollte, sind zerstört.In offensichtlich abgekürzter Form geht die Vigil weiter. Ein warmerWind trocknet unsere Kleider, trägt aber auch die Worte davon, diedurch die Lautsprecheranlagen übertragen werden. Auch wenn immerwieder etwas Regen fällt, kriechen die meisten früh in ihreSchlafsäcke und schlafen in der frischen Luft besser als in denNächten zuvor in der Turnhalle. Wir sind froh, die vergangene Nachtmiteinander so gut überstanden zu haben.
Wir wachen zwischenMüllbergen auf. Einige von uns wagen es, sich mehr als eine Stundelang durch eine unüberschaubare Menschenmenge zu einer derDixie-Toiletten zu schieben. Es beginnt die feierliche, mehr als zweiStunden lange Messe mit Papst Benedikt, der die Jugendlichenwarmherzig begrüßt und immer wieder von der Hoffnung spricht, dieer in jeden einzelnen setzt. In seiner Predigt ermutigte der Papstsie, dort wo sie leben, mutige Zeugen des Glaubens zu sein. Ererinnerte an den heiligen Petrus, auf dessen Glaubenszeugnis Jesusdie Kirche gegründet habe und forderte sie auf, selbst ihr "Ja"zu Gott so zu bekräftigen, dass Gott darauf bauen kann. Erschöpft,verwundert über manche organisatorischen Defizite, aber dankbar fürdas gemeinschaftliche Erlebnis suchen die meisten Magdeburger denRückweg zur Metro. Überraschend bekommen sie die Möglichkeit, in"ihrem" Madrider Sportzentrum noch einmal zu duschen - seltenhaben sie sich so über eine Dusche gefreut. Die Dankbarkeit überKleinigkeiten ist in den vergangenen Tagen immens gewachsen.